Während die Tage und Wochen verstreichen und du es mehr absitzt als mitnimmst, dein Leben, ist es klammheimlich Dezember geworden. Leise herangeschlichen hat sich das Jahresende und du fragst dich, weshalb es eigentlich soviel mehr Enden als Anfänge gibt, auch wenn das im Grunde gar nicht sein kann. Vielen Dank auch, es fühlt sich trotz allem so an.
Wie ins Kino gehen und nur noch den Abspann sehen, fühlt es sich an, wie fremde Leute dabei beobachten, wie sie sich streiten und danach nicht wieder versöhnen. Wie den letzten Satz eines Buches lesen, ohne den Zauber der Geschichte zu kennen, wie losfahren aber nie ankommen, wie schweigen ohne je zuvor gesprochen zu haben. Und wie es nun mal ist, wenn sich alles nach »danach« anfühlt, statt »bevor«, fragst du dich in letzter Zeit immer häufiger, was denn dann ist, wenn wirklich Schluss ist und was das alles soll. Auf einmal wird dir komisch und du mahnst dich zur Vernunft. Natürlich ist noch nicht Schluss, du bist jung und auf jedes Ende folgt ein neuer Anfang. Naturgesetz. Auch wenn es sich keineswegs so anfühlt.
Wer hat denn bitteschön gesagt, dass die Dinge sich ebenso anfühlen müssen, wie sie sind? Eben. Also reiss dich gefälligst zusammen. Du bist bloss rührselig, weil wieder ein Jahr still und leise ins Land gezogen ist, ohne dass du es überhaupt bemerkt hast. Stumm und in Schwarz-Weiss. Weil du es einmal mehr verpasst hast, zu leben, ich meine so richtig. Ja, du weisst schon, mit Ton und in Farbe. Aber von Enden sprechen, denen keine Anfänge folgen, fällt leichter, nicht wahr?
Aufgeben, bevor man überhaupt angefangen hat, »nein« sagen und erst dann darüber nachdenken. Vom Anfang her bereits das drohende Ende erspähen ist deutlich weniger schwer, als Schritt um Schritt weiter zu gehen, vor verschlossenen Türen zu stehen und trotzdem an Fenster zu glauben, die sich stattdessen öffnen werden. In einem anderen Haus, vielleicht. Möglicherweise noch nicht einmal in derselben Strasse, in derselben Stadt, im selben Leben wie bisher. Wer weiss, vielleicht scheinen all den Enden deshalb keine Anfänge mehr zu folgen, weil du sie am falschen Ort suchst. Bei den falschen Menschen, aus den falschen Gründen. Ja, wer weiss.
Was willst du also tun, weiterhin mit verschränkten Armen dein Leben absitzen, das sich anfühlt wie der Abspann eines Schwarz-Weiss-Films, der in einer traurigen Endlosschleife immer und immer wieder über die Mattscheibe flimmert? Oder möchtest du es wagen, für einmal »ja« zu sagen und erst einmal abzuwarten. All die Möglichkeiten, all die Schwierigkeiten und den ganzen fantastischen Rest?