Wenn du mir mal wieder vor den Latz knallst, in meiner Welt gäbe es lediglich schwarz oder weiss und kaum etwas dazwischen – was schätzt du, welche Farbe hat deine Stimme dabei? Ein tiefdunkles Anthrazit ist es für mich, man könnte es auch Hellschwarz nennen. Mir ist schon klar, dass du nicht siehst, wie lieb du mir bist, wenn ich dich anblaffe, all die stumm gestaute Wut auf mich selbst und dieses verwirrende Leben in einem bitterbösen Schwall vor deine Füsse kotze. Wenn ich dir mein Verzweifeln hinterrücks überwerfe wie eine schwere, kratzige Decke, die uns beide in blinder Verwirrung straucheln lässt.
Ich bin nicht sicher, was überwiegt. Ungläubige Dankbarkeit – wenn ich lächelnd über dein Haar streiche, das immer nach Shampoo und Ankommen riecht, wenn ich nachts im Dunkeln besorgt rübergreife, um mich zu vergewissern, dass du tatsächlich da bist (und somit auch ich) – oder bittere Enttäuschung darüber, dass ich es zulasse, jemand anderem als mir selbst weh zu tun. Mit meiner Anwesenheit, die oft so voller Gram und Jammer ist, nachthimmeldunkel getönt.
Manchmal stehe ich spätabends am Fenster, blicke an zarter Vorhangspitze vorbei hinaus ins Dunkle und frage mich, wie zur Hölle es sein kann, dass ich einen Uniabschluss am Rücken kleben spüre und zugleich nicht die leiseste Ahnung von irgendetwas habe. Irgendetwas von Belang. Im Ernst, das macht mich wütend. Diese Welt tut nur so. Immer tut sie vorneweg nur so und lacht sich hinter verschlossenen Türen ins Fäustchen. Und wir kichern mit, einfältig wie Vollkorntoast mit Chia und Urdinkel.
Mich macht so einiges wütend, aber am Ende noch viel mehr traurig. Am allermeisten das Schöne. Die einen finden das anstrengend, jene schauen einen stirnrunzelnd an und man hört sie denken: »Oh Gott, hat sie zu viel Kafka gelesen, oder noch schlimmer, tut sie nur so?« Die anderen nicken stumm, denn während manche über Menschen nachdenken, die zu viel Kafka lesen oder nur so tun, haben sie mal eben gelebt. Das nehme ich zumindest an.
Aber du… Du bist da, auch wenn du es nicht bist, egal ob du nachdenkst oder lebst, ob du mich im Arm hältst oder sauer bist, weil ich dich mal wieder auf offener Strasse angeschrien habe und weggerannt bin. Wie jemand, der wieder und wieder blöd genug ist, zu glauben, man könne unangenehmen Situationen und Gefühlen einfach davonlaufen. Trotz allem bist du da, an meiner Seite und in meinem Leben. Ich habe zwar nicht die leiseste Ahnung, weshalb, aber es macht mich glücklich und dankbar. Weil es trotz allem immer schön ist mit dir. Vielleicht weine ich deshalb so oft. Weil mich alles Schöne nun mal auch traurig macht.
Eigentlich möchte ich bloss, dass du weisst, dass du die Kirschmarmelade auf meinem Vollkorntoast mit Chia und Urdinkel bist. Vielleicht findest du diesen Vergleich doof, zu abgeschmackt, zu »blöder Spruch auf T-Shirt«-mässig. Vielleicht auch nicht. Nein, eigentlich glaube ich das tatsächlich nicht. Für einmal glaube ich an Mauve, vielleicht sogar an Mint und lasse Schwarz-Weiss am Wegrand stehen.