Ich sage es dir ganz ehrlich, ich vermisse dich schrecklich. Und, das sage ich dir ebenfalls ganz ehrlich, aber nicht ohne jenen leisen und vielleicht gerade deshalb umso vorwurfsvolleren Nebenklang im Abgang: Du könntest ja mal wieder etwas von dir hören lassen. Ob zwölfseitiges Epos auf hübschem Briefpapier oder eine simple SMS, die sich noch nicht einmal in die Nähe der 160 Zeichen traut, die ihr eigentlich zustehen würden.
Ja, die Verdurstende gibt sich mit wenig zufrieden. Nein, stolz darauf bin ich nicht. Du fehlst mir bloss so. Dort, wo sich für gewöhnlich all das anhäuft, weswegen man nachts nicht schlafen kann. Dort, wo ich jeweils nicht weiter weiss, noch bevor ich angefangen habe. Dort, wo die Erinnerung an einst und heute mittenrein trifft. Dort, wo ich Tag für Tag spüre, dass irgendetwas fehlt.
Wenn ich wenigstens wüsste, wie es dir geht und was du so tust von früh bis spät, während wir anderen unser Leben leben. Sag, wo bist du, während ich zwischen diesen weinerlichen Zeilen verweile, wo zur Hölle bist du und wieso nicht hier bei mir?
Ich hasse es, mir einzugestehen, dass du fehlst. Ja, ich hasse es, mir einzugestehen, dass es ohne dich nicht geht. Nicht wirklich gut. Und während Leugnen und Missen sich noch zornig auf dem Dorfplatz alltäglicher Eitelkeiten duellieren, werden die Tage unbemerkt kürzer und die Nächte lang und länger. Wenn du bloss wüsstest, wie einsam Dunkelheit und Stille neuerdings sind – ohne dich. Vielleicht fühlst ja auch du dich unfreiwillig herzoffen und zunehmend fröstelnd dieser herbstgewandeten Tage, von den Nächten lass uns gar nicht erst reden. Na und wenn schon. Kein Grund, dich zu melden.
Hin und wieder verdichtet sich das Unwohlsein in mir zu Nebel und es steigt Trotz hoch, den ich dir vor die Füsse spucken möchte. Eher schwierig in deiner Abwesenheit. Und um all den Trotz einfach wegzupacken, sehe ich viel zu wenig in diesem verdammten Nebel hier. In solchen Momenten schreibe ich dir böse Emails, fiese SMS, mit Schimpfwörtern gespickte Postkarten. Nichts davon habe ich je abgeschickt. Aber ich könnte. Das ist wichtig. Es steht in vollem Gegensatz dazu, dass es augenscheinlich nichts gibt, dass dich mir zurückbringt.
Es ist dein Leben und im Grunde geht es mich nichts an, würdest du sagen. Würdest du irgendetwas sagen, wärst du da. Wieso sagen Menschen das immer wieder und erst noch so voller Überzeugung, frage ich mich. Stimmt es doch eigentlich kein bisschen. Ab dem Moment, da dein Leben meines an der Hand nimmt, steht ausser Frage, dass ich es spüre, sobald du loslässt. Kann man dagegen nichts tun? Gibt es dafür eine verantwortliche Stelle? Hat davon irgendjemand Ahnung oder vielleicht sogar einen Plan?
Wie auch immer, es ist, wie es ist. Ganz schön scheisse, wenn man ehrlich ist. Denn, weisst du, ich vermisse dich schrecklich. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass es nun Herbst ist und ich wieder ganz offiziell schwermütig sein darf.
Du fehlst und fehlst, kein Ende in Sicht.
Du fehlst und fehlst und hörst es nicht.
Du fehlst und fehlst und fehlst und fehlst,
oh, was für ein miserables Gedicht.