»Ich bin nun mal ein hoffnungsloser Träumer«, sagst du, seufzt und siehst dabei aus wie jemand, der sich nicht entscheiden kann, ob er lachen, weinen oder noch ein wenig mehr seufzen soll.
Ich weiss, dass dein eben laut ausgesprochener Satz wahr ist, so wahr wie laut ausgesprochene Sätze sein können. Zur selben Zeit glaube ich, dass er bloss die halbe Wahrheit ist. So wie das meiste für gewöhnlich mindestens eine Seite mehr hat, als man meint. Zwischen dem, wie du dir alles ausmalst – das mit dir und mir, das mit dir und dem Leben, das mit dir und deinen fantastischen Tagträumen in Farben, die nur du siehst und zu malen fähig bist – und wie es vermutlich war, womöglich ist und vielleicht ja noch wird, steht eine grundsätzliche Entscheidung:
Nimmst du es an, das Leben, wie es stockt und fliesst, wie es steht und fällt, auch wenn es dir ganz bestimmt nicht immer gefällt, oder verschliesst du dich vor der Unmittelbarkeit all dessen, was sich montagmorgens vor dir auftut an Chancen und Gelegenheiten, Begegnungen, Schwierigkeiten, Anfängen und Enden?
Wohin das alles führt, weisst du nicht. Was, wenn ich dir zuflüsterte: »Das musst du auch nicht«?
Ich verstehe deinen Hang zur Träumerei nur zu gut, mir ist bewusst, dass es sich weitaus sicherer anfühlt, in den eigenen Gedanken zu leben und federleicht zwischen würde und könnte hin und herzuschweben, als da draussen in jener unendlich weiten, immer wieder anderen, eigenartigen Welt mit beiden Beinen auf dem Boden zu stehen. Einem äusserst wackligen Boden, den es dir in Sekundenschnelle unter den Füssen wegziehen kann. Jederzeit.
Und doch, es fühlt sich vielleicht weniger sicher, aber mindestens ebenso kunterbunt, intensiv und fantastisch an, sich auch mal hinauszuwagen, atemlos von hier nach da schubsen zu lassen und mit offenem Mund und wild schlagendem Herzen Tag für Tag aufs Neue zu staunen. Über all das, was sich Zufall, Schicksal – was auch immer dafür verantwortlich ist – einfallen lässt, um uns zu überraschen, bei Laune zu halten und uns mit mal harten und mal sanften Lektionen zu lehren, was am und mitten im Leben sein bedeuten kann.