Während die anderen mal wieder so tun, als hätten sie Ahnung, sitze ich hier in meiner siffigen Ecke und kaue mir die Fingernägel ab. Bis dahin, wo es weh tut. Gelebten Schmerz mit gefühltem überdecken tut hin und wieder nämlich ganz schön gut. Glaubst du an einen tieferen Sinn hinter all dem Chaos? Oder auch bloss an etwas eindeutiges wie ‹deswegen› neben ‹wieso und warum›? Weisst du, ich glaube an kaum noch etwas dieser Tage. Abgesehen davon, dass es schon irgendwie weitergehen wird. Wenn ich mir ehrlich gesagt auch nicht sicher bin wohin oder wozu.
Die Bierflasche ist leer und nicht weniger inhaltslos steht es um mein Gemüt. Ich arbeite mich langsam die Wand hoch, an der ich mein Dasein vor ein paar Stunden angelehnt hatte. Wie ein Fahrrad möchte man meinen, eines mit ordentlich Rost am Schutzblech und bloss einem Gang.
Vor ein paar Stunden, die sich im Nachhinein anfühlen wie Leerstellen, als ich mehr aus Dämlichkeit denn mit Absicht in dieses eigenwillige Schauspiel hier geplatzt bin – »fette Party am Samstag Abend im geilsten Club der Stadt« nennt man es für gewöhnlich. Ich stehe da und strecke die Knie ganz durch. Solange, bis ich sie leise knacken höre und dies als klangvollen Auftakt für einen unauffälligen Abgang nehme. Von meinen Fingernägeln ist zwar kaum noch was übrig, aber meinen Stolz trage ich auf Händen aus diesem windschiefen Kartenhaus der Eitelkeiten hinaus.
Während ich mir mit gesenktem Blick einen Weg durch all die schwitzenden, zappelnden, scheinbar glücklich grinsenden, einander am laufenden Band Unsinn ins Ohr quäkenden Körper links, rechts und vor mir bahne, schiesst mir eine Frage durch den Kopf:
»Wärst du hin und wieder nicht auch lieber so etwas wie glücklich?«
Eine Hand taucht in meinem Blickfeld auf, ergreift meinen Arm.
»Hey, du auch hier! Schön, dich zu sehen. Sag, du bist doch die…?«
Ich lächle kurz und betont falsch, wende mich ab und manövriere mich weiter durch eine Menge an Menschen, die weder ich kenne noch sie mich, in Richtung Ausgang. Draussen auf der menschenleeren Strasse lasse ich mich der kühlen Hausmauer entlang erneut auf die Knie sinken und atme tief durch. Als ich für einen Moment meinen Kopf in den Nacken lege und die nachthimmeldunkle Schwärze über mir betrachte, zwischen die sich trotz ihrer scheinbaren Unfassbarkeit grellmutig blitzende Sterne trauen, schüttle ich kurz und beinahe unmerklich den Kopf.
»Ich glaube, ich scheisse aufs Glücklichsein«, murmle ich und muss dabei ein klein wenig schmunzeln. Gerade soviel, dass es einen Moment lang nicht wehtut.
Langsam stehe ich auf und strecke die Knie ganz durch. Solange, bis ich sie leise knacken höre und dies als klangvollen Auftakt für meinen Aufbruch nehme. Wo ich hinwill? Nach Hause und ins Bett. Um meinen Platz zwischen grellmutig blitzenden Sternen einzunehmen. Irgendwo tief in meinen Träumen, zwischen all der, mit einem Mal nur noch halb so unfassbar anmutenden nachthimmeldunklen Schwärze.