Ich könnte sagen, es ist schwierig und dir die Schuld geben. Ich könnte mich echauffieren über deine Dreistigkeit, mich zu behandeln, als sei ich Wundsalbe oder Aspirin. Dinge, die man zur Hand nimmt, damit man sich besser fühlt und sie danach wieder im Badschränkchen an ihren Platz stellt und die Türe hinter ihnen schliesst, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ich könnte dir auf die Mailbox sprechen und meinen Mund Worte formen hören, die ähnlich klingen wie »nein, nicht mit mir, ich habe es endgültig satt«. Ich könnte dir nachts um vier ellenlange Textnachrichten schicken, in denen Wut schwer von Verzweiflung zu unterscheiden ist und die davon handeln, wie sehr es mich zermürbt, nichts anderes zu tun als zu warten. Andauernd immer nur zu warten.
Darauf, dass du mich vermisst und anrufst, weil du meine Stimme hören möchtest und wissen wie mein Tag war. Darauf, dass du mich sehen musst, jetzt sofort, weil du mich im Arm halten willst. Darauf, dass du unangemeldet vor meiner Tür stehst, mich zur Begrüssung küsst und es sich anfühlt, als würdest du nach Hause kommen.
Hin und wieder rufst du tatsächlich an und sagst, dass du mich vermisst. Oft spät in der Nacht und nicht selten klingst du dabei be trunken. Manchmal willst du mich wirklich unbedingt sehen, jetzt sofort, weil du mich im Arm halten willst und mehr. Ab und zu stehst du wahrhaftig vor meiner Tür und küsst mich zur Begrüssung, auch wenn du kurz darauf schon wieder weiter musst und mich ratlos stehenlässt. Daraufhin fühlt sich jeweils gar nichts mehr wie zu Hause an.
Ich könnte dir in einem offenen Gespräch bei einem Glas Wein oder zwei klar machen, dass ich mir das alles ganz anders vorstelle und der Meinung bin, du solltest dich verdammt nochmal endlich entscheiden. Für uns oder dagegen.
Ich könnte laut werden, mich in Rage reden und Zugeständnisse einfordern, von denen ich weiss, dass sie nicht weniger haltlos an dir abprallen würden, als ein Stück nasse Seife an einer gefliesten Badezimmerwand. Ich könnte dir sagen, dass ich dich für ein egoistisches Arschloch halte, das womöglich gar nicht fähig ist, echte Zuneigung für andere zu empfinden, sondern sich ausschliesslich für sein eigenes Wohlergehen interessiert und mich daher nach Lust und Laune hervorkramt und wieder wegpackt wie ein Kartenspiel. Ich könnte dir ein letztes Mal in die Augen sehen, meine stumm gegärte Enttäuschung in diesen einen Blick legen und dir zuflüstern, dass du mich mal kreuzweise kannst und dich nie wieder bei mir melden sollst.
Daraufhin könnte ich hinausstürmen – aus der Bar, dem Restaurant oder wo auch immer wir waren. Ich könnte von Heulkrämpfen geschüttelt nach Hause laufen, daheim noch Tage bis Wochen weiterweinen und dich irgendwann vergessen, oder zumindest emotional irgendwo ablegen, unachtsam und fahrig, so wie du es mit mir getan hast.
All das könnte ich. Könnte ich wirklich? Dummerweise stehe ich nämlich weiterhin Abend für Abend an meinem Fenster und warte. Darauf, dass du mich vermisst und anrufst, weil du meine Stimme hören möchtest und wissen wie mein Tag war. Darauf, dass du mich sehen musst, jetzt sofort, weil du mich im Arm halten willst, dass du unangemeldet vor meiner Tür stehst, mich zur Begrüssung küsst und es sich anfühlt, als würdest du nach Hause kommen.
Bloss eines, das wird mir just in diesem Augenblick klar, kann ich schon lange nicht mehr – dir alleine die Schuld an allem geben.