Ich wünschte, du drehtest dich um. Wenn du bloss den Kopf drehen würdest und wir wären, wer wir vor zehn Minuten erst waren. Kein noch so leises Seufzen traut sich aus meiner Brust.
Ich wünschte, ich könnte dich nachempfinden lassen, wie unfassbar schön sich die Welt für mich hin und wieder anfühlt und wie tonnenschwer das Leben.
Da sind Augenblicke, in denen sich all das um mich herum in so viel Farbe, Klang und Gefühl aufdrängt, dass mir unvermittelt Tränen in die Augen schiessen. Der Blick hoch in Baumgeäst, welchem eine Sommerbrise mit unsichtbaren Fingerspitzen sanft durchs Blattgrün fährt. Die Erinnerung an ein gedankenverlorenes Lächeln im Gesicht von jemandem, den man liebt. Der Anblick eines Hundes, der mit geschlossenen Augen und zuckenden Nasenflügeln den Kopf in die Luft reckt. Der Duft von Lavendel, der Klang von Regen an Fensterscheiben, die Farben von Herbstblättern. In jenen Momenten spielt ein imaginäres Orchester in meinem Kopf Vivaldis ‹Die vier Jahreszeiten› und ich staune, wie viel Vollkommenheit Alltäglichem innewohnt, sobald man es wahrnimmt.
Demgegenüber stehen Momente, in denen ich nicht weiss, wie ich es eine weitere Minute lang fertigbringen soll, meinen eigenen Körper zu bewohnen. Alles fühlt sich falsch an, reissend und leer zur selben Zeit, sodass ich mich hinaus aus mir selbst und weit weg sehne. Irgendwohin, wo weder Körper noch Emotionen existieren, wo ich nicht vorgeben muss, ein grosses Ganzes zu sein, während ich mich viel eher wie ein Stapel vergilbter Postkarten aus aller Welt fühle, die achtlos in eine zu kleine Kartonbox gestopft wurden, deren Deckel nicht richtig schliesst.
Ich wünschte, du würdest mir noch einmal schelmisch zuzwinkern. Ich wünschte, deine Welt und meine würden sich so lange balgen und necken, tatsächlich sehen und in Ansätzen verstehen, bis wir uns nichts mehr zu sagen und lehren haben – und vielleicht sogar darüber hinaus.
Ich wünschte, du drehtest dich um und wir wären, wer wir vor zehn Minuten erst waren. Kein Versprechen für die Ewigkeit, vielmehr eine kostbare Menge an Möglichkeiten im Jetzt und Hier.
Kommentare
Emma denkt.
An alle, die einmalig oder öfter Texte kommentieren: Ich habe ich seit einigen Wochen Probleme mit meiner Website – insofern, dass nach Updates die Responsive-Version der Website nicht mehr funktioniert und ich einen früheren Stand der Website einspielen muss. Dies […] WeiterlesenAn alle, die einmalig oder öfter Texte kommentieren: Ich habe ich seit einigen Wochen Probleme mit meiner Website – insofern, dass nach Updates die Responsive-Version der Website nicht mehr funktioniert und ich einen früheren Stand der Website einspielen muss. Dies hat zur Folge, dass manchmal neuere Texte und Kommentare dazu verschwinden. Dafür möchte ich mich an dieser Stelle entschuldigen. Sobald ich die Zeit dazu finde, werde ich das Problem angehen und hoffentlich lösen. Liebe Grüsse Michèle Read Less
Michael
to Emma denkt.
Das eröffnet mir die Möglichkeit einen Text wieder und wieder zu kommentieren... aus unterschiedlichsten Perspektiven und Stadien meiner derzeitigen Lebensverfassung...