Du kannst dich einfach nicht entscheiden. Darüber, was dir eigentlich mehr Angst einjagt – die Nacht oder der Tag, das Leben oder alles, was danach nicht (mehr) folgt. Vermutlich schwebst du deshalb die meiste Zeit über irgendwo im luftleeren Raum dazwischen.
Man muss sich nicht entscheiden, mach dir keine Sorgen. Für jene, die ein Leben made of Zwischensequenzen mögen, besteht keinerlei Handlungsbedarf. Es soll ja schliesslich auch Fälle geben, da der Werbeblock zu Beginn mehr drauf hat als der Hauptfilm. Nein, echt jetzt, entscheiden muss man sich nicht. Wenn du aber etwas unverplante Zeit mitgebracht hast, schau dich ruhig um. Vermutlich gibt es weit mehr zu sehen auf der Bühne der (Un-)Möglichkeiten eines einzelnen Lebens, als du glaubst. Als die zwei glauben, die es nun mal gibt von dir. Eine, die immerzu redet und tut und lebt und die andere, die traurig daneben steht und mit ängstlichen Rehaugen den schmutzigen Fußboden vor ihr fixiert.
Sag, was willst du eigentlich? Reicht es dir, tausendundeinmal den Vorspann zu sehen und dir in Gedanken irgendeinen Film ausmalen, der dir vielleicht gefallen könnte – romantische Komödie, Western, Drama, Science Fiction? Wolltest du noch nie einfach mal im Kinosessel sitzenbleiben, dir eine glückselige Handvoll Popcorn in den Mund schieben und abwarten, »was da tatsächlich noch so kommt«? Natürlich wolltest du das, keine Frage. Aber die Angst. Ja, die Angst.
Was will sie denn eigentlich, diese namenlose Angst, die überall mitschwingt und dennoch nirgends zuhause zu sein scheint? Hast du dich das schon einmal gefragt? Dich oder euch, jene, die redet und die andere, die schweigt?
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass manche Menschen die meiste Zeit ihres Lebens über schweigen, weil ihnen niemand je die richtigen Fragen stellt. Nun kann man sich natürlich den Kopf darüber zerbrechen, welche Fragen »richtig« und welche »falsch« sind. Sich den Kopf über etwas zu zerbrechen, erfordert im Grunde nie eine Entscheidung, hast du das gewusst? Ebenso wenig, wie sich das Herz über etwas zu zerbrechen. Ist das nicht ziemlich erstaunlich? Eine von tausend möglichen Fragen laut zu stellen, das verlangt eine Entscheidung. Ebenso wie der Mut, sich mit offenen Augen umzuschauen und dabei tatsächlich etwas zu sehen. Oder eben im Kinosessel sitzen zu bleiben und den eigentlichen Film abzuwarten.
Gestern Abend habe ich mir zuhause alleine eine DVD angeschaut, während sich draussen der Sommer, in seinen letzten Zügen liegend, lautstark die erhitzte Seele aus dem Körper feierte. Etwa in der Hälfte des Filmes bin ich eingeschlafen. Vermutlich bin ich schlicht und einfach müde. Wie ich erst vor kurzem gelesen habe, ist es gut, müde zu sein. Fragt sich bloss, wer von beiden müde ist. Ich hoffe, es ist die Traurige, die mit den Rehaugen. Jene, die die Angst anzieht, wie der Teufel Fliegen. So bliebe mehr zu reden, mehr zu tun, mehr zu sehen und mehr zu entscheiden. Ja, mehr vom Vorspann über den Hauptfilm bis hin zum Abspann zu erleben, für die andere. Jene, die tatsächlich lebt.