Wir lamentieren auf hohem Niveau, tagein, tagaus, immerzu. Weil wir es nun mal nicht fair finden, dass andere mehr verdienen, dreimal im Jahr in die Ferien fahren, zwei Autos und Echtholzparkettwohnungen ihr eigen nennen, während wir andauernd sparen und dennoch nirgends hinkommen. Weil es uns wurmt, dass andere glücklicher sind und es vermeintlich so viel einfacher haben, während wir immer für alles kämpfen müssen, nicht in Vorzeigefamilien hineingeboren wurden, hochgewachsen, gutaussehend oder hyperintelligent sind.
Wir beklagen uns darüber, dass wir noch immer Single sind, während andere den passenden Deckel zu ihrem persönlichen Dampfkochtopf längst gefunden haben, dass manche haufenweise Süsskram essen können, während unsere Schenkel bereits auseinanderdriften, während wir auch nur an Schwarzwälderkirschtorte denken… wir nörgeln und motzen und kritzeln uns die Welt gedanklich in fifty (ganz und gar nicht sexy) shades of grey.
Und dann, urplötzlich, passiert etwas Schlimmes. Und ich meine damit nicht verlorene Geldbörsen oder geplatzte Dates, sondern wirklich Schlimmes. Etwas, das unsere Welt aus den Angeln hebt und mit einem Mal nichts mehr so sein lässt, wie es einst war. Dann stehen wir da mit aufgerissenen Augen und offenen Mündern und können es nicht fassen. Vielleicht haben wir Möglichkeiten, etwas an der Situation zu ändern, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht bleibt uns lediglich, zu warten und zu hoffen, dass alles besser wird, irgendwann. Das sind eben jene Momente, in denen uns erstmals wirklich bewusst wird, wie gut doch eigentlich alles war. Zuvor. Wie unfassbar schön Leben ist, in dem sich die alltäglichen Sorgen in der Hauptsache um kaputte Waschmaschinen, Nachbarschaftsintrigen oder der Suche nach der ganz grossen Liebe drehen.
Ja, es kann jederzeit etwas geschehen, was unsere kleine heile Welt auf den Kopf stellt und alles verändert. Egal wie positiv unsere Einstellung den Dingen und dem Leben gegenüber ist. Aber falls es tatsächlich so kommen sollte, wie elend muss dann das Gefühl sein, selbst in Zeiten der relativen Sorglosigkeit diese kaum genossen und sich nicht des eigenen, bis anhin eigentlich unverschämt guten Lebens gefreut zu haben?
Natürlich soll man sich trotz alledem hin und wieder über Nichtigkeiten aufregen dürfen und an doofen Tagen in tränenüberströmtem Selbstmitleid über einen verschnittenen Fransenpony versinken dürfen. Aber lasst uns verdammt nochmal darüber nicht unser Leben definieren. Alles eine Frage des Blickwinkels? Aber ja. Ich meine, wenig ist schlimmer, als irgendwann vor all den angehäuften »hätte ich nur…« und »wenn doch bloss…« zu sitzen und nicht zu wissen wohin damit.
Lange Rede, kurzer Sinn: Los, raus mit euch, freut euch eures unperfekt unfairen Lebens und macht aus einem »hätte ich doch…« – eins, zwei, drei – ein »schön war‘s!«