Sag, macht es Sinn, vormittags um viertel nach neun mitten im November auf einer Parkbank zu sitzen und sich nach Sinn zu fragen? Nach irgendeinem?
Nach dem Sinn des heutigen Freitags zum Beispiel, des morgigen Samstags und des gestrigen Donnerstags gleich mit. Nach dem Sinn von Herzschmerz und Ungerechtigkeit, von alltäglichen Erfolgen und immer wieder aufs Neue gemachten Fehlern… und was soll das überhaupt mit diesen hässlichen Zehensocken? Ich sitze alleine auf jener Parkbank, mein Blick schweift in die Ferne.
Direkt neben mir suchen zwei Krähen die noch immer sattgrüne Wiese geduldig nach Essbarem ab. Ob die Krähen sich fragen, worin der Sinn besteht zu essen? Zu krähen? Geduldig auf der Wiese umherzuhüpfen und irgendwann davonzufliegen? Jeden Morgen (sind Krähen morgens müde?) die Flügel zu recken und in einen neuen Tag zu schweben? Vermutlich nicht. Wieso stellt man sich Fragen, auf die man mit ziemlich üppiger Wahr-scheinlichkeit keine Antwort erhalten wird? Weder von sich selbst, noch von anderen. Ha, erwischt. Mal wieder.
Und weshalb fühlt es sich seit jeher so an, als wären passende Antwor-ten auf all die Fragen, die einen Tag für Tag und Nacht um Nacht umtreiben, »der ominöse Schlüssel zum Glück« – und wenn nicht zum Glück, dann zumindest zu so etwas wie Verlässlichkeit? Hast du dir schon einmal überlegt, dass du eigentlich gar nicht lebst, während du nachdenkst? Nicht wirklich, meine ich. Nicht in Echtzeit.
Ja, nun. Bin ich die Einzige hier, die in Echtzeit leben bisweilen eine ganz schön beängstigende Vorstellung findet? Nein, alleine bin ich damit wohl nicht. So manche von uns fürchten sich offenbar vor nichts und niemandem mehr, als vor eben jenem L E B E N.
Ich sitze noch immer auf meiner einsamen Bank – mittlerweile friere ich – und lege den Kopf schief, als ich die Krähen neben mir geräuschvoll davonfliegen höre. Sag, macht auch bloss irgendein Wort der letzten einunddreissig Zeilen irgend so etwas wie Sinn?