Ich wohne zwischen den Dächern. Man könnte auch sagen zwischen den Gassen. Gassen, die sich weit schimpfen, sich oft aber ganz und gar nicht so anfühlen. Dann zum Beispiel, wenn es mal wieder scheint, als käme sie Stück für Stück drohend näher, die Häuserzeile auf der anderen Seite, die an dieser Stelle natürlich für das Leben steht.
Zwischen den Dächern pflege ich mich für gewöhnlich am liebsten zu verorten. Vor allem an lauen Juniabenden, da ich auf dem Holzdielenboden liege und durch einen Hauch von Vorhangspitze an den Dächern vorbei in den sich dunkel färbenden Himmel blicke. Vogelgezwitscher dringt durch das offene Fenster an mein Ohr, ebenso wie der nahe Klang der Kirchenglocken, das Brummen moderner Bus-Hybridmotoren und hin und wieder gedämpfte Stimmen von Passanten, die durch die Gasse flanieren und auf die ich blicken würde, sähe ich nach unten, statt nach oben in Richtung Ewigkeit.
Ob es albern klänge, würde ich diese abendlichen Dämmermomente »magisch« nennen? Ach, egal. Gut und gerne mein halbes Leben habe ich damit verbracht, albern zu sein. Den Teufel werde ich tun, das jetzt noch zu ändern. Und so werde ich weiterhin an lauen Juniabenden auf dem Holzdielenboden liegen und durch einen Hauch von Vorhangspitze an den Dächern vorbei in den sich dunkel färbenden Himmel blicken.
Hin und wieder kommt dabei ein Text heraus, oft Unmengen flirrender Gedanken und manchmal nichts ausser der Erkenntnis, dass innert dreissig Minuten die Sonne untergehen kann, während ein Menschenleben sich kaum merklich von jetzt nach da zu träumen wagt – an einem Abend im Juni, hoch über den Dächern und in Richtung Himmel.